Saarnews.com liefert täglich aktuelle Nachrichten, außerdem waren die Macher schon früh beim Thema Video dabei, was sie sowohl für tagesaktuelle Formate, wie auch für längere Formate einsetzen. Außerdem produzieren sie einen Podcast, dessen Aufzeichnung häufig in eine Veranstaltung eingebunden ist, berichtet Claus Kuhn.
Wir sprechen mit dem Macher von Saarnews.com. Das Onlineangebot von Claus Kuhn berichtet aus und über das ganze Bundesland.
LJD: Stell dich doch bitte mal vor. Wie bist du eigentlich zum Macher im digitalen Journalismus geworden?
CK: Das ist natürlich eine Entwicklung, die ist erstmal über den Print-Journalismus gegangen. Wir haben schon Ende der 90er Jahre eine Zeitschrift herausgegeben und sind dann quasi Stück für Stück mit der Entwicklung des Internets gegangen. Weil man kann natürlich auf Internetseiten, auf alles das, was dann anschließend kommt, YouTube, Facebook, und so weiter in diesem Bereich nicht verzichten.
LJD: Kannst du ein bisschen mehr darüber erzählen, wie das denn genau gestartet ist, wie es dazu gekommen seid?
CK: Wir haben 2015 zwei regionale Blätter übernommen. Das waren Print-Ausgaben und es hat sich angeboten, die Inhalte, die wir dafür erstellen, auch einem breiteren Publikum zur Verfügung zu stellen. Wir haben die Website im April 2016 gestartet und es hat relativ schnell eine ganze Menge an Interesse hervorgerufen. Und dann haben wir diese Dinge Stück für Stück ausgebaut, natürlich mit Videos und Facebook Auftritts und allem was man eben jetzt dazu machen muss.
LJD: Kannst du uns vielleicht ein bisschen erklären, wie mit Print arbeitet? Wie Wie funktioniert das alles? Ihr habt auch eine Printausgabe zu Sport?
CK: Nicht ganz. Wir sind einfach eine sehr kleine Redaktion. Und deshalb war natürlich der Punkt, wir können nicht alles und überall gleichzeitig machen. Wir müssen Schwerpunkte bilden. Und ja, das persönliche Interesse spielt auch ein bisschen mit. Das ist bei mir Fußball gewesen. Dann haben wir uns auf Saarbrücken fokussiert und haben uns dort die Berichterstattung vorgenommen und sind immer tiefer dort eingestiegen und haben dann ab 2017 ein Saison Magazin herausgegeben. Das heißt also, am Anfang der Saison haben wir alle Spieler interviewt und haben dann ein Heft daraus gemacht mit Funktionären, mit alten Legenden Das Magazin wurde sehr gut angenommen und wird also auch über den Presse Vertrieb von uns beliefert. Das ist etwas, was wir natürlich auch zur Finanzierung des gesamten Projektes brauchen. Wichtig ist, dass man einen Anker hat. Für uns ist Fußball ein Anker und wir wollen noch andere Anker setzen, aber das ist eine Entwicklung. Da sind wir aber auch schon im nächsten Schritt.
LJD: Wir kommen gleich auf die Finanzierung wieder zurück. Ich wollte aber noch mal fragen, mit wie vielen Lesern habt ihr denn angefangen? Wie sieht denn eure Reichweite heute aus? Wie hat es sich quasi entwickelt?
CK: Ja, am Anfang muss ich sagen, war das natürlich relativ schwach. Das waren dann vielleicht ein paar 1000 im Monat und wir sind jetzt so in einem Bereich von 400 bis 600.000 Lesern im Monat. Das schwankt auch ein bisschen, je nach Jahreszeit. Das ist eigentlich immer relativ ähnlich über das Jahr verteilt. Also starke Monate sind halt zum Beispiel eben der September, wenn alle aus den Ferien zurückkommen. Ja, das wird dann besonders viel genutzt. Ansonsten ist die Entwicklung relativ linear gegangen. Also es ist nicht so, dass wir jetzt mit einem großen Knall gestartet sind, sondern man muss sich erst bekannt machen und das ist eben ein Prozess, der Stück für Stück geht. Und wir hoffen, dass es für uns noch ein Stück weitergeht. Man hat ja hier die Voraussetzung, dass das Saarland, das wir bedienen, nur 1 Million Bewohner besitzt. Und da sind natürlich auch die Wachstumsraten irgendwo begrenzt.
LJD: Und habt ihr irgendwas Besonderes gemacht, um mehr Leser zu gewinnen oder wie es dazu gekommen, dass ihr jetzt die Reichweite habt, die ihr heutzutage habt?
CK: Ja, also wie gesagt, wir haben Ankerpunkte gesetzt. Das war der Fußball erst. Saarbrücken ist ja ein großer Verein, das bundesweit bekannt ist und beschäftigt im Saarland sehr viele Leute. Deswegen haben wir uns an die Berichterstattung drangehängt und haben da auch sicherlich einen großen Teil unserer Leserschaft her. Gleichzeitig haben wir natürlich geguckt, dass wir so ein bisschen die zentralen Punkte abdecken. Also es ist einfach so im Saarland passiert eben sehr viel in Saarbrücken und Umgebung und weniger in den Außenbereichen. Und da muss man eben dann präsent sein, Dinge berichten.
Es gab ein paar Dinge, wie zum Beispiel den Fall des Polizistenmörders von Kusel. Er kam hier aus einem Ort in der Nähe von Saarbrücken. Wir haben in der Berichterstattung viel machen können, weil der uns sogar persönlich bekannt war und wir auch das Fahndungsfoto dafür geliefert haben. Das sind dann so Punkte, die helfen weiter in der Bekanntheit und zum Ausbau der Leserschaft. Wenn denen das gefällt, schauen die Leserinnen und Leser öfters mal rein.
LJD: Ihr deckt ein ganzes Bundesland ab, wie du das gerade gesagt hast. Wie organisiert man sich da geographisch gesehen? Wie schafft man es immer vor Ort zu sein in einem ganzen Bundesland?
CK: Das schafft man nicht. Es ist ganz einfach so! Wir müssen Schwerpunkte setzen. Es kann natürlich sein, dass eine besondere Veranstaltung in Perl zum Beispiel ist, ganz oben an der luxemburgischen Grenze oder in Homburg, am anderen Ende. Da muss man einfach dann entscheiden, ist diese Veranstaltung wichtig? Lohnt es sich da hinzufahren? Denn das Saarland ist zwar klein, aber es ist zweieinhalb Mal so groß wie Berlin von der Fläche her, man muss sich auf den zentralen Bereich konzentrieren. Vieles findet im Bereich Saarbrücken in der Regel statt.
LJD: Ihr seid auch ziemlich früh im Bereich Video aktiv gewesen. Warum habt ihr euch für diesen Format entschieden? Was sind die Inhalte, die ihr damit anbietet?
CK: Der Punkt ist, dass wir im Bereich Video oder audiovisuelle Formate eigentlich nur den Saarländischen Rundfunk haben. Es gibt keinen anderen Anbieter, der Informationen per Video regelmäßig bringt und das ist eine Lücke, die wir versuchen zu füllen. Das ist natürlich mit einer kleinen Redaktion schwierig, weil die Manpower, die notwendig ist, um Videos zu produzieren, eine andere ist, als wenn man eben nur einen Text schreibt. Der Output ist einfach geringer. Aber es ist ein Weg, der natürlich auch Zugriffe bringt. Wir haben tatsächlich ein Video mit Oskar Lafontaine über die Corona Situation gedreht, was über 1 Million Zugriffe gehabt hat. Das hat auch eine Auswirkung auf die Bekanntheit des Ganzen.
LJD: Kannst du uns etwas zu den anderen Angeboten erzählen? Ihr macht auch einen Podcast und ihr bietet einen Newsletter an. Wofür nutzt ihr den Newsletter zum Beispiel, oder den Podcast?
CK: Den Podcast haben erst spät im letzten Jahr angefangen, weil das Format interessant war. Im Podcast kann man Themen mit verschiedenen Leuten ein bisschen eingehender beleuchten. Das macht Spaß, es kommt auch ganz gut an, das werden wir auch sicherlich deutlich verstärken. Wir haben zum Beispiel diese Folge mit der muslimischen Gemeinde Saarland. Das war also auch ein sehr nteressanter Abend. Wir machen immer eine Veranstaltung draus, sodass man an diesem Podcast teilnehmen kann, was dann auch wieder eine Bindung zu den Lesern und den Zuschauern bringt. Der Newsletter ist im Moment noch etwas ausbaufähig. Wir sind in der Struktur noch nicht allzu weit. Es geht eigentlich darum, Leute auf die Seite zu holen, um damit dann eben auch mehr Traffic zu bekommen. Wir werden uns aber noch spezialisieren. Wir werden also nicht nur einen allgemeinen Newsletter herausgeben, sondern es wird noch einer über Saarbrücken und einer über Gesundheitsthemen herauskommen.
LJD: Was auch gerade im Trend ist, ist künstliche Intelligenz. Ist KI bei euch auch ein Thema in der Redaktion? Was benutzt ihr allgemein an Technik ?
CK: Natürlich ist das ein Thema. Wir benutzen KI, um zum Beispiel Pressemitteilungen umzuschreiben. Das geht dann quasi mit einem Klick. Man muss natürlich bei diesem Tool aufpassen, was es nachher wieder rauswirft. Die Grammatik ist nicht immer hundertprozentig sauber. Das kann man zur Verarbeitung von gelieferten Texten gut nutzen. Andererseits hilft es der eigenen Erstellung von Beiträgen in keinster Weise. Dafür ist es nicht brauchbar. Aber ich denke, dass das noch sehr, sehr ausbaufähig ist. Ansonsten benutzen wir die üblichen Techniken, die viele Redaktionen sicherlich im Bereich Video haben. Wir arbeiten eigentlich nur mit Macintosh Apple Software und Geräten. Für die Webseite benutzen wir WordPress und verschiedene Templates. Wir müssen die Strukturen einfach halten, denn es muss einfach funktionieren. Wir haben nicht die Möglichkeit, einen ITler zu beschäftigen, der den zum Beispiel Ton nachbearbeitet. Das muss laufen und deswegen machen wir das simpel.
LJD: Kommen wir noch mal auf den kommerziellen Teil zurück. Wie finanziert die euch? Wie sprecht ihr denn Werbepartner an?
CK: Meine Frau ist in dem Bereich engagiert. Sie spricht also regelmäßig Kunden an, sowohl für den Bereich Print-Medien aber auch für Online Werbung. Wir arbeiten auch mit einer Agentur zusammen, die uns da partiell projektbezogen hilft, zum Beispiel bei dem Heft über den 1.FC Saarbrücken, was jährlich erscheint. Ansonsten kommt die Werbung bei uns von Google. Wir haben da nur eingeschränkte Möglichkeiten, zu bestimmen, was erscheint. Es ist auch finanziell das Uninteressanteste. Am liebsten so schnell wie möglich von Google weg. Aber wodurch ersetzt man das?
LJD: Wie würdest du eure Lage im Digital-Lokaljournalismus heute einschätzen? Was dein Ausblick auch auf die Zukunft?
CK: Das ist ein ganz schwieriges Thema. Als kleines Unternehmen hat man natürlich einen riesigen Wettbewerb, teilweise öffentlich-rechtlich, der sich um die Finanzierung gar keine Gedanken machen muss, aber auch etablierte Verlage. Wir haben hier zum Beispiel die Saarbrücker Zeitung als einzige Tageszeitung hier in der Region. Die ist schon seit Jahrzehnten, fast Jahrhunderten da und schaffen es tatsächlich den Markt zu beherrschen. Das heißt, man muss eben Lücken finden, sich interessant machen in diesen Bereichen und nur so, kommt man – zumindest in diesen kleinen Strukturen wie wir sie hier im Saarland haben – weiter.
LJD: Was würdest du junge Journalistinnen und Journalisten weitergeben oder empfehlen?
CK: Es ist nach wie vor ein sehr schöner Beruf, ein abwechslungsreicher Beruf. Man trifft unheimlich viele Menschen und bekommt wunderbare Geschichten fast jeden Tag geliefert. Das ist etwas, was Lebensqualität bedeutet, zumindest für mich. Ich habe vier Kinder, eins von denen arbeitet auch in diesem Bereich. Es ist aber so, dass man keinen abgesicherten Beruf hat, wenn man als Freier unterwegs ist. Wenn man den Weg in den Journalismus geht, und größere Pläne für die Zukunft hat, sollte man schon darauf achten, vielleicht sich eher in Richtung öffentlich-rechtliche zu orientieren. Ansonsten einfach ausprobieren, was geht und versuchen auch am Puls der Zeit zu bleiben, auch was die technischen Möglichkeiten betrifft, zum Beispiel Instagram. Da sollte man rein.
LJD: Jetzt zum Schluss: Mit welchen drei Wörtern würdest du Saarnews in drei Jahren beschreiben?
CK: Schön, erfolgreich und gut? Es geht darum, konstant zu wachsen, etwas zu schaffen, was den Leuten hier eine Alternative bietet zu den gegebenen Medien. Wenn wir das erreichen, und damit die Beschäftigten ernähren, sind wir einen ganzen Schritt weiter. Und eine Sache wollte ich noch ergänzen. Ihr baut bei euch ja so eine Art Netzwerk auf. Ich denke, dass ein solches Netzwerk zwischen Unternehmen, wie wir es sind, aufbauen und moderieren könnte. Das wäre durchaus interessant, einen Bereich Deutschland zu haben, und diesen aus den anderen Lokalredaktionen – aus Bielefeld oder Dresden oder Berlin oder was auch immer – gespeist zu bekommen. So könnte man quasi einen Pool eröffnen, wo verschiedene ihre Contents reingeben und man sich darüber austauscht auf die Art und Weise und so ja auch mal Informationen und content hat, der anderen nicht zur Verfügung steht.
LJD: Auf jeden Fall. Das ist auch die Idee hinter Lokaljournalismus.digital. Wir wollen versuchen, die Leute mehr zu vernetzen. Vielen Dank für deine Zeit. Das war wirklich sehr interessant. Danke!
CK: Ich danke auch. Schöne Grüße nach Berlin.
LJD: Danke für das Gespräch