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Rettung des Lokaljournalismus? So überlebt ein Züricher Onlinemagazin die Medienkrise

Das Onlinemagazin „tsüri.ch“ nähert sich dem zehnjährigen Jubiläum, obwohl nicht einmal das Gründungteam 2015 damit gerechnet hat, dass es das Magazin so lange geben wird. Früher haben alle der zehn Angestellten noch ehrenamtlich gearbeitet. Heute bekommen alle den gleichen Lohn von 4.300 Franken pro Monat. Das entspricht in etwa 4.500 Euro. Die Teammitglieder schätzen vor allem den Zusammenhalt im Team, das flexible Arbeitsmodell und die thematische Ausrichtung. Die Fokussierung auf klassische links-grüne Themen aber nicht nur dem Team, sondern auch den Lesern zu gefallen. Geschrieben wird über den Verkehr, das Klima, das Wohnen oder auch Geschlechterfragen. All diese Themen repräsentieren auch die rot-grüne Stadtbevölkerung in Zürich. „tsüri.ch“ bleibt in der Berichterstattung aber dennoch neutral und kritisch. Insgesamt erreichen sie ein Zielpublikum im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Das Onlinemagazin ist dabei kostenlos und hat sich dennoch über die letzten neun Jahre gehalten. Grund dafür sind unter anderem etwa 1500 Leser, die als sogenannte „Member“ einen monatlichen Beitrag zahlen und das Magazin somit zum Teil finanzieren. Die verschiedenen Newsletter des Onlinemagazins werden allerdings an etwa 15.000 Personen verschickt. Trotzdem sind die Mitglieder bereit für ein Angebot, was sie auch kostenlos haben könnten, zu bezahlen. „tsüri.ch“ hat es über die letzten Jahre geschafft, sich eine Community aufzubauen, die die wichtige Arbeit des Teams schätzt und unterstützt. Zusätzlich zu den Mitgliederbeiträgen hat das Onlinemagazin Einnahmen aus Werbung und Veranstaltungen. Laut Linards Udris, die am Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich zum Thema Medienwandel forscht, leisten Medien wie „tsüri.ch“, die sich auf lokale Nischenangebote konzentrieren, einen wichtigen Teil zum Erhalt des Lokaljournalismus. Allerdings sei es klar, dass die Gesellschaft auch über eine öffentliche Finanzierung nachdenken müsse. srf.ch

Neue lokale Formate wagen

Die „Mediengewichtungsstudie“ der Landesmedienanstalten untersucht die Relevanz von Medien für lokale Meinungsbildung. Ergebnisse zeigen, dass Westdeutsche mehr lokale Nachrichten lesen, während Ostdeutsche vermehrt Radio und TV nutzen, aber das Internet ist bei allen beliebt. Die Mediengewohnheiten ändern sich, und lokale Journalistinnen und Journalisten versuchen, die Vielfalt ihrer Berichterstattung zu erhöhen, um gegen das Internet als Quelle zu kämpfen. Insgesamt gibt es eine positive Bilanz in Bezug auf die Förderung lokalen Journalismus, jedoch sind eine bessere materielle Ausstattung und ein Ausgleich zwischen Ost- und Westdeutschland erforderlich. verdi.de

E-Paper setzt sich im Lokaljournalismus immer mehr durch

Die Nutzung von Online-Angeboten ist bei Lokalmedien fast so hoch wie bei Print-Angeboten: Printausgaben werden zu 45 Prozent genutzt, Online-Inhalte zu 41 Prozent, ergab die Studie „Zeitungsfacetten“ des Regionalvermarkters Score Media. Noch aussagekräftiger sind die Zahlen für Bezahlinhalte regionaler Tageszeitungen. Leserinnen und Leser haben mehr Vertrauen in Bezahlinhalte als in Gratisnews. 72 Prozent der Befragten glauben, dass Bezahlangebote die Informationen korrekt wiedergeben, bei Gratisangeboten sind es nur 61 Prozent. Dies führt auch zu einem höheren Vertrauen in Werbung. score-media.de

Lokaljournalismus im Wandel der Zeit

Mit dem Aufstieg des Internets und der Digitalisierung der Medien steht der Journalismus vor großen Herausforderungen. Wie sich der Lokaljournalismus in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat, erzählen die Echo-Redakteure Annette Wannemacher-Saal und Thomas Wöhlert kurz vor ihrem Ruhestand. Im Interview blicken sie auf fast 30 Jahre Lokaljournalismus zurück und analysieren, was sich verändert hat und begründen, warum lokale Berichterstattung unverzichtbar bleibt. Wannemacher-Saal und Wöhlert erinnern an die Aufgaben und die Verantwortung von Journalistinnen und Journalisten und betonen die Bedeutung der Berichterstattung vor Ort. echo-online.de

Die Dominanz der Großverlage und ihre Auswirkungen auf Lokaljournalismus

Im Jahr 2006 gab es noch 1.4000 Zeitungen, heute sind es nur noch 1.000, schreibt das Lokaljournalismus-Angebot „The Nuremberg Times“ über die eigene Branche. Darunter werde die Medienlandschaft homogenisiert, die Berichterstattung konzentriere sich auf übergeordnete Themen, die landesweit relevant seien. Die Qualität der Nachrichten nimmt ab, das Vertrauen der Leser in den Journalismus geht verloren, lokale Geschichten treten in den Hintergrund. Um dem entgegenzuwirken, seien Förderprogramme und staatliche Unterstützung unerlässlich, um kleine Lokalmedien finanziell am Leben zu erhalten. Wichtig sei auch die Bereitschaft von Leserinnen und Leser Abonnements abzuschließen, die es den Lokalmedien ermöglichen, nicht nur von Werbeanzeigen abhängig zu sein. nbtimes.de

Verantwortung und Einfluss von Lokalmedien

In den USA vertrauen die meisten Leser*innen ihren Lokalzeitungen eher als den landesweiten Medien. Doch das kann Gefahren bergen: Der rechtskonservative Sender Sinclair Broadcasting kauft Lokalsender an, um eigene polemische oder irreführende Inhalte zu verbreiten. Forscher haben nachgewiesen, dass in Gebieten mit Sinclair-Einfluss das Unternehmensverhalten in den Bereichen Umwelt, Management und Soziales abnimmt. Ungefähr die Hälfte der amerikanischen Haushälte konsumieren Sender der Sinclair-Gruppe. In Deutschland ist der Lokaljournalismus, durch seine finanzielle Lage, ähnlichen Bedrohungen ausgesetzt. Politische Angriffe und Übernahmen könnten die Vielfalt gefährden. Die Studie betont, dass solche Angriffe am meisten rechten Gruppen und unaufmerksamen Unternehmen nutzen. taz.de

Facebook wird den Lokaljournalismus mit einer Investition von 300 Millionen Dollar unterstützen

Facebook plant, innerhalb von drei Jahren 300 Millionen Dollar in journalistische Projekte zu investieren, insbesondere zur Förderung lokaler Informationen, die unter der digitalen Revolution leiden. Campbell Brown, Vice President of Media Relations, betonte den Kampf gegen Desinformation und schlechte Qualität. Die Initiative entstand, als man befürchtete, dass die Monopolstellung der Plattform auf dem Internet-Werbemarkt den Übergang der Medien zum Digitalen behindert. Facebook hatte bereits das „Facebook Journalism Project“ gestartet, um die Verbindung zwischen der Plattform und den Medien zu stärken. Google hat für 2018 ebenfalls 300 Millionen Dollar angekündigt, um Falschinformationen zu bekämpfen und vertrauenswürdige Medien zu unterstützen. komogame.com

„Neue Lausitz“ als digitale Zeitung gestartet

Die digitale Zeitung „Neue Lausitz“ soll das Leitmedium für den Strukturwandel in der Lausitz durch den Kohleausstieg werden. Gründerin Christine Keilholz möchte eine andere Berichterstattung bieten und informierte Bürgerinnen durch „Deep Journalism“ ansprechen. Die Zeitung erscheint wöchentlich als Newsletter und behandelt Themen wie Ansiedlungen, Unternehmen, Förderpolitik und wissenschaftliche Entwicklungen in der Region. Gastautorinnen sind eingeladen, sich an Debatten zu beteiligen. Das Bezahlmodell ist erfolgreich, mit mehreren Tausend Leser*innen, von denen einige hundert zahlende Abonnenten sind. Die Herausforderung besteht darin, die „Neue Lausitz“ als kritisches Medium von Regionalmarketing abzugrenzen und gleichzeitig die Probleme der Region kritisch zu beleuchten. verdi.de

Blendle stellt Dienst in Deutschland ein

Der deutsche Online-Kiosk Blendle schließt am 3. September, fast acht Jahre nach seinem Start. Die Plattform befand sich schon länger in einem schleichenden Niedergang, da viele Verlage ihre Inhalte zurückgezogen hatten. Die verbleibenden Verlage boten ihre Artikel weniger aus Überzeugung an, sondern weil es weniger Aufwand bedeutete, sie dort zu belassen. Blendle ermöglichte den Einzelverkauf von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln ohne Abonnement. Ursprünglich als „Spotify des Journalismus“ bezeichnet, hat sich das Geschäftsmodell des Einzelverkaufs jedoch nicht wie erhofft durchgesetzt. Stattdessen setzten die Verlage verstärkt auf Abo-Modelle. Blendle konnte keine eigene Community aufbauen und wurde schließlich von Readly übernommen, einem E-Paper-Angebot mit eingeschränkten Funktionen. uebermedien.de

„Die Pressefreiheit muss auch in Siegen verteidigt werden“

In der nordrhein-westfälischen Stadt Siegen steht die „Siegener Zeitung“, die größte Lokalzeitung der Region, vor Herausforderungen im Lokaljournalismus. Am 11. Juli berichtete die Zeitung anonym über Vorwürfe gegen einen Abteilungsleiter der örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK). Dieser habe eine Auseinandersetzung mit seiner Lebensgefährtin gehabt, die von deren Tochter mit dem Handy gefilmt worden sei. Auf dem Video ist auch ein Anruf des IHK-Mitarbeiters zu sehen, der den Chef eines Geschäftspartners anruft und Konsequenzen für die junge Frau fordert, die den Vorfall gefilmt hatte. Sie hat einen Ausbildungsplatz bei der IHK. Die Zeitung erfuhr von dem Vorfall durch eine öffentliche Gerichtsverhandlung. Die IHK kündigte daraufhin zwei Anzeigenverträge mit der Zeitung und sagte ihre Teilnahme an einer Jubiläumsfeier ab. Die Zeitung sieht darin einen Angriff auf die Pressefreiheit und beklagt den wirtschaftlichen Druck. Der Chefredakteur betont die Bedeutung der Meinungsfreiheit und will das Gespräch mit der IHK suchen, um die Aufgaben des Journalismus zu erläutern. uebermedien.de

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