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Pauline Tillmann macht Karla-Magazin neu

Foto: Helen Hecker
Das Karla-Magazin aus Konstant stellte Ende 2023 den Betrieb ein, die Finanzierung war weggebrochen und als Selbstausbeutungsprojekt wollten die Macher das Projekt – zurecht – nicht fortsetzen. Nun gibt es dank einer Förderung der Deutschen Postcode Lotterie die Rückkehr des Magazins, Pauline Tillmann übernimmt als Geschäftsführerin, Sophie Tichonenko übernimmt die Projektleitung der Bürger:innenredaktionen. Über die Pläne haben wir mit Pauline Tillmann gesprochen.

Pauline Tillmann hat vor mehr als 20 Jahren bei der Schwäbischen Zeitung angefangen und ist bis heute fest, von der Kraft des Lokaljournalismus überzeugt. Es gibt Untersuchungen, die belegen, wie wichtig Lokaljournalismus ist, um zum Beispiel Korruption und Missständen vorzubeugen. „Wir werden mit karla Magazin 2024 nicht investigativ tätig sein, und doch tragen wir zur lokalen Medienvielfalt bei und stärken damit die Demokratie.“, sagt sie und wünscht sich, dass sich andere Journalist:innen ermutigt fühlen, ihren Herzensthemen mehr Raum zu geben und eigene Projekte – Newsletter, Podcast, digitale Magazine, Printmagazine – zu starten. Damit könnten sie einen echten Unterschied machen: in der Medienbranche im Allgemeinen, in ihrer Stadtgesellschaft und in ihrem Leben.

Du hast das karla Magazin übernommen und revitalisierst es wieder, nachdem zum Ende des vergangenen Jahres die Finanzierung an fehlender Förderung gescheitert ist. Was sind jetzt Deine Pläne? Wie machst Du das?

Das karla Magazin hat im Januar 2024 eine Förderung von der Deutschen Postcode Lotterie bekommen und kann damit zwei Projekte finanzieren: die Gründung einer Bürger:innen-Redaktion und die Weiterentwicklung von werkzeugkasten.media. Durch die Bürger:innen-Redaktion können wir in Form von Pop-up-Redaktionen in unterschiedlichen Quartieren Menschen in den journalistischen Prozess einbinden. Das stärkt die Perspektivenvielfalt und die Partizipation. Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit Community-Journalismus, unter anderem bei meinem digitalen Magazin „Deine Korrespondentin“. Außerdem habe ich für den Correctiv-Verlag 2022 ein Handbuch dazu geschrieben. Das Thema ist mir also durchaus vertraut.

Hast Du schon einen Überblick, wie viele der alten Abonnent:innen wieder dabei sein möchten? Das karla-Team war ja transparent in der Abschiedsmail und sprach von mehr als 900 Abonnenten. Kannst Du bitte auch kurz sagen, ab etwa welcher Abonnent:innengrößenordnung sich so ein Projekt trägt?

Zunächst sind wir bis Ende des Jahres stiftungsfinanziert. Das ist möglich, weil karla eine gemeinnützige GmbH ist. Grundsätzlich ist klar, dass man das Geschäftsmodell diversifizieren muss, das heißt, dass wir uns nicht von einer einzigen Stiftung abhängig machen wollen. Das braucht Zeit und Ressourcen. Bis Ende des Jahres sind alle Inhalte auf https://karla-magazin.de/ frei verfügbar, die Bezahlschranke ist abgebaut. Wir werden sie auch nicht wieder errichten, sondern denken eher über ein Mitgliedschaftsmodell als zweite Finanzierungssäule nach. Beim Gesamtbudget kommt es darauf an, wie viele Leute involviert sind. Deshalb kann ich dazu keine allgemein gültigen Angaben machen. Aktuell machen wir mit drei Personen in Teilzeit karla neu.

Wie schätzt Du die Lage im digitalen Lokaljournalismus ein hinsichtlich der Finanzierung. Welche Möglichkeiten gibt es, digitalen Lokaljournalismus nachhaltig zu finanzieren?

Ich coache seit Jahren Journalist:innen, die ihr eigenes Ding machen wollen. Aktuell ist der Leidensdruck bei vielen Lokalzeitungen noch nicht groß genug und der Mut fehlt auch an vielen Stellen, etwas zu starten. Aber ich bin mir sicher: Das wird sich ändern. Correctiv-Gründer David Schraven spricht von deiner Gründungswelle. Ich persönlich sehe diese Welle aktuell noch nicht – aber was nicht ist, kann ja noch kommen. Auf jeden Fall lässt sich beobachten, dass in den vergangenen Jahren viele neue Projekte dazugekommen sind. Es gibt nicht DEN einen Weg, wie sich diese Projekte finanzieren, aber es gibt viele verschiedene und jedes Projekt muss für sich den richtigen Weg finden. Zu den möglichen Finanzierungswegen zählen: Stiftungsgelder, Spenden, Mitglieder, Werbung, Events, Kooperationen und viele, viele mehr.

Was sind die nächsten Schritte mit dem karla Magazin? Wie geht es weiter und wo möchtest Du in sechs Monaten sein?

Wir werden in zwei Quartieren mit Bürger:innen tolle journalistische Inhalte über Themen, die Konstanzer:innen bewegen, für Karla-Magazin erstellt haben: Artikel, Fotoserien, Videos für Social Media, Podcast-Folgen. Wir werden viele neue Audio- und Text-Inhalte auf werkzeugkasten.media veröffentlichen und anderen Menschen, die gründen wollen, Inspirationen und Tipps liefern. Wir werden eine großartige Community von engagierten, interessierten Menschen aus Konstanz und Umgebung aufgebaut haben, die sich einbringen und mitreden wollen, die kluge Gedanken formulieren und Themen platzieren werden, die bislang kaum Beachtung gefunden haben. Wir werden damit die Stadtgesellschaft in zahlreichen Facetten abbilden und zur Vielfalt der Perspektiven beitragen. Und wir werden ein Finanzierungskonzept gefunden, das die Weiterführung 2025 sicherstellt.

Karla hat neben dem digitalen Angebot auch Events gemacht. Wird das fortgeführt? Wie wichtig findest Du Aktivitäten außerhalb des Online-Angebots?

Extrem wichtig! Wir haben am 15. April ein Kick-off Event in unserem ersten Quartier in Allmannsdorf veranstaltet. Gekommen sind etwa 15 Menschen. Wir hatten eine angeregte Diskussion darüber, was wir mit dem neuen karla Magazin vorhaben, wer das neue Team ist, was sich verändern wird, wie jede:r mitmachen kann und was man sich von anderen existierenden Medienprojekten abschauen kann. Wir müssen das Rad ja nicht neu erfinden, sondern „nur“ einen Weg finden, der für Konstanz funktioniert. Das ist gar nicht so einfach, aber durchaus möglich. Außerdem haben wir ja die „offene Sprechstunde“ und die „offene Redaktionskonferenz“ – jede Woche jeweils zwei Stunden in einem Quartier, bei denen die Menschen vorbeikommen, mit uns über ihre Themen sprechen und journalistisch an ihnen arbeiten können.

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