Anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ blickt Wilfried Köpke, Journalistik-Professor an der Hochschule Hannover, auf die Entwicklungen des Lokaljournalismus zurück. Sein Fazit: Der Medienkonsum in Deutschland bleibt stabil, doch die Art der Nutzung hat sich stark verändert. Während junge Menschen hauptsächlich digitale Kanäle wie TikTok und Instagram nutzen, greifen ältere Zielgruppen noch auf lineares Fernsehen und Radio zurück – allerdings mit abnehmender Tendenz. Die Nutzung gedruckter Tageszeitungen ist ebenfalls stark rückläufig. Dies stellt den Journalismus vor neue Herausforderungen, insbesondere im Lokaljournalismus, der sich neu positionieren muss, um seine Relevanz zu bewahren. Während früher oft die Nähe zwischen Lokalredaktionen und politischen Akteuren problematisch war, verlagert sich das Problem heute in eine andere Richtung: Die neuen Medienplattformen und Influencer konkurrieren mit traditionellen Medien um Aufmerksamkeit und Reichweite. Junge Menschen erwarten heute schnelle, visuelle und persönliche Formate, die auf ihre Interessen zugeschnitten sind, wie sie von erfolgreichen Social-Media-Kanälen der „Tagesschau“ oder Influencern präsentiert werden.
Trotz dieser Herausforderungen bietet die Krise auch Chancen für den Lokaljournalismus, sich neu zu definieren. Qualitätsjournalismus muss sich durch investigative Recherche und narrative Erzählweise auszeichnen, um sich von oberflächlichem Content abzuheben und seinen gesellschaftlichen Mehrwert zu betonen. Die Zukunft des Lokaljournalismus wird jedoch stark von der Finanzierung abhängen. Neue Modelle, wie sie beispielsweise durch spenden- und stiftungsgetragene Redaktionen wie Correctiv etabliert wurden, könnten eine wichtige Rolle spielen. Lokaljournalismus muss kritischer und widerständiger werden, um langfristig zu bestehen und seine Rolle im demokratischen Diskurs zu behaupten. haz.de